Blogger wird Bauer: auf Tour quer durch Bayern

Blogger wird Bauer:

auf Tour quer durch Bayern

Vorbericht zur Pressereise mit dem Verein „Unsere Bayerischen Bauern e.V.“

Leben wie in Bullerbü

Ein Demeter-Hof in der Nähe von Bremen. Zum Betrieb gehören weitläufige Ländereien, auf dem Weg zum Haupthaus kommen wir durch Wäldchen, vorbei an einem See, saftige Wiesen überall. Der Parkplatz ist gut gefüllt, auf dem Spielplatz Kinderlachen, die Sonne scheint dazu. Mitten drin ein bezaubernder Hofladen, man kauft ein, trink Kaffee, es gibt Kuchen. Sollte man jemals auf dem Land leben wollen, dann muss es genau so sein!

Biohöfe

Dieser Gedanke schoss bestimmt durch viele Köpfe der eingeladenen Blogger, mit denen ich letztes Jahr den Demeter Betrieb besuchte. Einen von etlichen Schau-Höfen, offen für alle, gefördert und von einer Gemeinschaft bewirtschaftet, die das Wort Gemeinschaft tatsächlich ernst nimmt: man wohnt zwar getrennt, aber es gibt gemeinsame Mahlzeiten, Küchendienst und gemeinsames Singen im großen Speisesaal. Spätestens hier würde es einigen von uns wohl dann doch zu viel werden, aber alles andere ist perfekt, alle schätzen die Arbeit der Menschen vor Ort, darüber zu berichten und auf Instagram zu posten erntet Wohlwollen. Für viele von uns ist es ein Traum, das Leben auf dem Land.

Konventionelle Landwirtschaft

Während der Biobauer sich das Nachtlicht sparen kann, weil der ihm vom Verbraucher aufgesetzte Heiligenschein seine Lektüre beleuchtet, schrillen bei vielen von uns schon beim Begriff „konventionelle Landwirtschaft“ alle Alarmglocken! Hier ist der Teufel am Werk. Hier wird die Natur ausgebeutet, vom Tierwohl ganz zu schweigen. Gerade in der Bloggerwelt wird gerne die heile Welt gezeigt, ausgewählte Produkte, viel Moral, zumindest nach außen hin.

Und die Realität?

Die Zahlen sprechen jedoch eine ganz andere Sprache, das habe ich bereits vor 2 Jahren auf einem Fleischsymposium erfahren dürfen (den Bericht findet ihr HIER): gerade was den andauernden hohen Fleischkonsum betrifft, schaut der Deutsche eher nicht so genau hin. Billig soll es sein, reichlich und immer verfügbar. Nicht dass Vati uns noch vom Stuhl kippt, wenn mal kein Schnitzel auf dem Tisch liegt. Gibt es das noch für 1,99 € im Angebot, ist die Welt in Ordnung. Das meiste Fleisch kommt aus dem Supermarkt, vom Discounter, überall her, nur nicht vom Biohof. Schon der Anteil derer, die beim „Metzger ihres Vertrauens“ kaufen ist gering, der Anteil an Bioware bei Fleisch immer noch verschwindend gering. Wir sparen am Tisch und investieren ins Smartphone, in das WM-Trikot, in was auch immer. Und ich spreche hier nicht von denen, denen das Geld fehlt, sondern vor allem von denjenigen, die es sich locker leisten könnten und ihren SUV dann doch gerne vor Aldi & Co. parken.

Sind wir also ein Volk von Heuchlern? Das nach Skandalen mit der zusammengefalteten Bildzeitung auf den Tisch haut, wo der Leberkäs für 99 Cent schon bereit steht? Das zwar den Bio-Gedanken und Tierwohl gutheißt,  aber nicht lebt?

Kehre vor deiner eigenen Tür immer zuerst

Und wie mache ich es eigentlich?

Als man letztes Jahr auf ich zukam und mich fragte, ob ich eine Woche lang unter dem Motto „Blogger wird Bauer“ konventionell arbeitende Landwirte in Bayern besuchen möchte, da sagte ich schon aus Neugier spontan zu. Als dann die Reise 2017 aufgrund terminlicher Probleme nicht zustande kam, bekam ich ein weiteres Jahr um darüber nachzudenken, ob ich diese Tour machen möchte, wie die täglichen Berichte ankommen und was ich wohl zu sehen bekomme. Denn ich sehe mir nicht nur einen Spargelhof und Gemüseanbau an, sondern es geht auch um Ei, Schwein und Rind. Konventionell gezüchtet, so wie es in Deutschland passiert. Nach den EU-Vorschriften. Dass es hier nicht wie auf dem Demeter-Vorzeigehof zugeht, ist klar.

Soll ich mich der möglichen Kritik aussetzen?

In Sachen Kritik bin ich abgehärtet, nach dem Shitstorm wegen meines Bauernhuhns auf Facebook vor zwei Jahren schreckt mich nichts mehr so schnell. Aber wir wird es sein, wenn ich aus einem konventionellen Schweinestall berichte? Will ich das wirklich? Ich entwickle Rezepte für eine Biokiste, wie geht das zusammen?

Dann dachte ich aber: schau erst mal, was bei dir auf den Tisch kommt. Ihr wisst, ich liebe Fleisch. Wir essen es nicht andauern, aber wir essen es und wir tun es gerne. Wurst im klassischen deutschen Sinne in Richtung Aufschnitt & Co. kommt hier eher selten auf den Tisch, aber wo kommt mein Fleisch her?

Regional erzeugt

Alles, was der Bauer mir bringt, nehme ich. Das sind Eier, Hühner, Suppenhühner, Kaninchen. Seltener mal Lamm, dazu kommen noch Kartoffeln, Honig, Spargel aus der Region. Es gibt hier viele Hofläden, das Knoblauchsland vor den Toren Nürnbergs ist voll davon. „Mein“ Bauer ist nicht biozertifiziert, ebenso alle anderen nicht. Es handelt sich hier durchweg um konventionelle Erzeugung. Aber sie sind nah und das finde ich gut. Ich verarbeite alles von den Tieren – was heute „Nose to tail“ heißt, hieß bei meinen Omas einfach KOCHEN.

So sieht es aus

Der Rest an Fleisch, vor allem was Rind betrifft, kommt aus sehr unterschiedlichen Quellen und wird mit großer Sicherheit ebenso konventionell gezüchtet, da mache ich mir nichts vor. Ich kaufe Backwaren, in dem Eier verarbeitet wurden, deren Herkunft ich nicht kenne. Ich esse auswärts, bin eigeladen. Ihr merkt, ich würde heucheln und lügen, wenn ich behaupten würde, die konventionelle Landwirtschaft  geht mich nichts an. Und genau deshalb fahre ich hin und sehe mir die Betriebe an!

Die letzte Konsequenz

Möchte man hier konsequent sein, muss man sich vegan ernähren, denn selbst die Demeter-Schweine leben um auf dem Teller zu landen. Manchmal muss man es so klar ausdrücken, egal, wie das Leben der Tiere war, sie werden nicht zum Streicheln gehalten.

Bayerische Bauern

Wie aber sieht es auf einem konventionellen, sich wirtschaftlich auch tragenden Hof tatsächlich aus?  Auf einem seit X Generationen bestehenden Familienbetrieb, der sich irgendwie behaupten muss. Jenseits der Landromantik, unter enormem Preisdruck, den wir als Verbraucher verursachen.

Die Normalität auf den Höfen bekommen wir selten zu sehen, denn wenn es Presse gibt und berichtet wird, dann meist wegen Skandalen, Seuchen, neuen EU-Verordnungen, Subventionen. Aber wie lebt man mit seiner Familie, welche Perspektiven gibt es für die Kinder, gibt es überhaupt eine Zukunft für die alteingesessenen Bauern? Wie schafft man es, wirtschaftlich zu überleben? Wie schwierig ist die Umstellung auf Bio? Ich habe so viele Fragen, aber diesmal zum Glück auch richtig viel Zeit. Ich werde mit anpacken, egal ob auf dem Spargelhof oder im Schweinestall. Und danach sofort in die Tasten hauen und auch von meinem Tag berichten!

Täglich live und auf dem Blog

Ich bin jedenfalls sehr gespannt drauf und auch darauf, was ihr dazu sagen werdet. Ganz wichtig war mir, offen und ehrlich zu berichten, dazu begleitet mich ein Kameramann die ganze Woche und ich zeige euch auch den ganzen Tag über auf Instagram, was ich so zu sehen bekomme, live und so wie es eben ist. Vielleicht esse ich danach kein Fleisch mehr, vielleicht kaufe ich nur noch Bio, wer weiß, alles ist möglich.

Und ihr so?

Was mich aber heute schon interessiert: Gerade bei der Low Carb Ernährung achten wir aus ausreichende Versorgung mit Protein, aber wie macht ihr es? Wo kauft ihr ein? Macht ihr euch Gedanken? Setzt ihr euch mit der Landwirtschaft auseinander? Was würdet ihr einen Bauern vor Ort fragen wollen? Dann kann ich die Fragen stellen!

Lasst es mich wissen, eure Petra ♥

 

Comments 1

  1. Liebe Petra,

    ich freue mich auf weitere Beiträge zu diesem Thema, bzw. bin sehr gespannt, was du hier noch so bringen wirst. 🙂

    Ich mache mir persönlich sehr viele Gedanken zum Thema „wo kommt das was auf meinem Teller liegt her“. Eigentlich schon zu viele. Das verkompliziert mein Leben leider sehr und setzt mich zusätzlich unter Stress und ich bin auch echt nicht glücklich damit, aber ich kann mich nicht überwinden bestimmte Lebensmittelgruppen (Obst / Gemüse, Fleisch, Eier und Milchprodukte) aus konventioneller Erzeugung zu kaufen. Ich habe da einfach nur ein mieses Gefühl. Damit schränken sich die Einkaufsquellen hier auch drastisch ein. Denn eigentlich ist mir regional total wichtig, doch das lässt sich nicht immer vereinbaren. Es soll in jedem Fall Bio sein, aber Bio ist nicht gleich Bio, dass ist auch mir klar, aber nur „Demeter“ einkaufen geht auch nicht (immer). Dann hört man wieder wie „schlecht“ das EU-Bio-Siegel ist, unter diesem Label bekomme ich aber wenigstens auch bei den gut erreichbaren Läden Ware. Fühle mich dann aber gleich wieder mies, weil es quasi trotzdem „Dreck“ sein soll, quasi „Bio für Arme“ ist. Wurst und Fleisch esse ich eigentlich gar nicht mehr, wegen leicht zu erreichbarer Einkaufsquellen. Das einzige Fleisch, welches ich die letzten Monate gegessen habe war Rindfleisch aus regionaler Quelle. Direkt vom Hof, bewirtschaftet nach den Demeter-Prinzipien, Direktschlachtung von Ort durch mobilen Metzger, kein Stress fürs Tier durch Transport etc. Sofern Schlachtung überhaupt ethisch 100 %-ig korrekt sein kann ist ein anderes Thema. In der Familie lassen wir uns wöchentlich aus einer Bioland-zertifizierten Gärtnerei Obst und Gemüse anliegen. Schwerpunkt regional saisonal bei unserer Kistenauswahl. Das deckt aber leider nicht immer alles ab, was man so braucht / gerne hätte. Man müsste halt wahnsinnig viel herum fahren um allem gerecht zu werden. Wäre dann aber auch nicht für den „ökologischen Fußabdruck“ förderlich. Ich persönlich habe kein Auto, bin auf den ÖPNV angewiesen. Ich wohne auch nicht ländlich, wo es im günstigsten Fall die Top-Einkaufsquellen vor Ort geben würde (dazu zähle ich auch überzeugende konventionelle Betriebe wo trotzdem alles stimmt). Dazu fehlen mir nun echt die Nerven, Zeit und auch das Geld (ich muss mich alleine erhalten).

    LG

    *Christina*

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