Blogger wird Bauer: Thema Bullen- und Schweinemast

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Blogger wird Bauer: Thema Bullen- und Schweinemast

Tag 3 von „Blogger wird Bauer“

Auf dem Hof von Familie Löhle in Günzburg

Gestern noch Spargel und Erdbeeren und heute ein Thema, das mich im Vorfeld am meisten beschäftigt hat: Bullen und Schweine. Vielleicht das kontroverseste Thema der Tour und auch für mich als jemanden, der wenig Fleisch verzehrt und versucht, auf seine Herkunft zu achten, eine Herausforderung. Da möchte ich ganz ehrlich sein, ich hatte schon etwas Schiss vor dem Termin und ziemlich viele Bilder im Kopf ….aber ich bin immer der Meinung, man muss die Dinge sehen und sich eine Meinung bilden!

Augen zu und durch zur Wurst-Theke?

In den letzten Wochen habe ich mich sehr viel umgehört, vor allem im Freundeskreis und bei Menschen, die mit dem Bloggen und dem Thema Food nicht täglich zu tun haben: was kaufen sie ein, machen sie sich Gedanken, wenn ja, welche? Und da spiegelte sich dann wieder, was ich schon dachte. Zum einen kam „der Metzger des Vertrauens“, der auch gerne mal im Supermarkt angesiedelt sein kann. Dann Sätze wie „ich esse wenig Fleisch, wenn dann nur etwas Wurst unter der Woche“, bis hin zu „keine Ahnung, wo mein Fleisch herkommt“. Diese halbkonsequente Haltung findet man bei fast allen Konsumenten.

Der Metzger des Vertrauens

Mich persönlich macht der „Metzger des Vertrauens“ eher stutzig. Zum einen, weil viele nicht mal dem eigenen Partner trauen, aber dem Metzger??? Nicht falsch verstehen, ich habe ganz und gar nichts gegen Metzger, aber wirklich nicht! Aber die Tatsache, dass viele diesen Vertrauensmetzger automatisch für Bio halten. Oder zumindest ein bisschen mehr Bio, als alles andere. Und irgendwie davon ausgehen, diese Tiere werden anders gehalten. Man macht es sich einfach, sage ich dazu.

Konventionelle Tierhaltung

Bedenkt man, dass das meiste Fleisch in Deutschland aus konventioneller Tierhaltung stammt – 95% der Schweine – wird dieser Gedanke schnell widerlegt: auch der Metzger macht da – von der Haltungsform der Tiere – keine Ausnahme. Und somit auch nicht die Nürnberger Bratwurst, das Kassler in unserer Dorfkneipe, das Schäuferle oder der Schinken. Natürlich gibt es Höfe, die anders arbeiten und trotzdem nicht das Bio-Siegel haben. Und dass das Fleisch beim Metzger vor Ort eher aus der Region stammen wird, als bei einem Discounter, ist ein absoluter Pluspunkt!

Was aber liegt zwischen Bio und der Massentierhaltung, wie wir sie im Fernsehen zu sehen bekommen, wenn Missstände aufgedeckt werden? Woher kommt das Fleisch, dass wir essen? Wie werden die Tiere gehalten und wie rechnet sich heute die Mast überhaupt noch? Ist konventionelle Haltung prinzipiell schlecht?

Schweine- und Bullenmast Löhle

Seit 5 Generationen sind die Löhles Landwirte, Oma und Opa hatten beide Landwirtschaft, die Höfe kamen nach der Heirat zusammen und in den 60er Jahren hatte man neben dem Ackerbau vor allem Milchkühe. Als dann die Frage kam, diesen Bereich aus wirtschaftlichen Gründen auszubauen, oder sich zu verändern, baute man 1974 den ersten Bullenstall mit 100 Plätzen. Dieser steht heute noch und die Zahl der Tiere ist geblieben. 2002 übernahm der Sohn, baute 2004 vor Ort und begann, die Schweinemast auszudehnen, denn wie er sagt „der Deckungsbeitrag ist seit Jahren unverändert, aber die Kosten steigen jährlich. Möchte man wirtschaftlich arbeiten, muss man wachsen.“ Und so sind es seit einigen Jahren 2.400 Schweine, die in hochmodernen Ställen gemästet werden.

Die Schweine

Seine Schweine haben 10% mehr Fläche als es das Gesetz vorschreibt, die Ställe sind klimatisiert, die Schweine haben eine Futterrinne, die jedem Tier bequemen Zugang ermöglicht. Den ganzen Tag gibt es frisches Wasser, es gibt Spielzeug für die Tiere. Sie stehen auf Betonspalten, diese „belüften und kühlen“, wie Frau Löhle mir sagt. Trotzdem kann es zu Raufereien kommen, vor allem, wenn Gruppen neu zusammengelegt werden und sich die Rangordnung neu bilden muss. Auch kranke Tiere müssen sowohl bei den Schweinen als auch bei den Bullen separiert werden. „Hier sind die Tiere unerbittlich“ sagt Stefan Löhle, „sie würden sonst immer wieder auf das kranke Tier losgehen“. Es werden keine prophylaktischen Antibiotika eingesetzt.

Die Zeit auf dem Hof

Die Tiere kommen mit 10-12 Wochen auf den Hof, da wiegen sie etwa 30 kg. Nach 3-4 Monaten haben sie das Schlachtgewicht erreicht, das beträgt beim Eber 95 kg und beim weiblichen Tier 97 kg. Gemessen werden im Schlachthof drei Komponenten: Fleischmaß, Speckmaß und der Magerfleischgehalt. Stimmen die Werte nicht, gibt es Abzüge in der Qualitätsstufe und dem Preis. Wöchentlich werden 150 Tiere „ausgestallt“ und gehen zur Schlachtung. Dadurch ist man nicht so anfällig für Preisschwankungen.

Die Bullen

Die Jungtiere haben einen längeren Weg hinter sich: sie gehen vom Milchviehbetrieb zum „Fresserbertrieb“, hier erfolgt die Umstellung von Milch auf Rauhfutter, das dauert etwa 4 Monate. Dann sind sie zunächst auf dem elterlichen Hof, bevor sie für 18 Monate in die Mast kommen. Von 220 bis 750 kg geht es, am Ende sind sie etwa 18 Monate alt. Im Stall stehen 10 Gruppen à 10 Tiere dem Alter nach zusammen. 3 m² sind pro Tier laut Gesetz vorgeschrieben, auch hier liegt man drüber.

Das Futter

Etwa 60% des Futters baut man selbst an, die Äcker sind neben an. Mais, Weizen, Gerste und Gras für die Silage wachsen rund um den Hof. Diese Silage brauchen die Bullen, sie ist Teil des Rauhfutters, das die Tiere für die Verdauung benötigen.

Die Schweine bekommen einen Mix aus 50% „Vorgemisch“, dazu gehören neben der Maiskörnersilage auch Spülmilch aus einer nahen Joghurtfabrik (diese entsteht beim Spülen der Leitungen mit Wasser), Oblaten-Abschnitte einer Bäckerei vor Ort, Teig- und Mehl-Produkte aus einer weiteren Bäckerei und Gerstenbier-Treber einer nahen Brauerei. Diese Faserstoffe sind nicht nur gut für die Verdauung, sondern enthalten auch eine Menge Protein, so kann der Anteil an – gentechnikfreiem – Sojaschrot auf 8% gesenkt werden (liegt oft bei bis zu 15%). Und was mögen die Schweine am liebsten davon? „Die Oblaten“, sagt der Junior. Vor allem mit Karamellgeschmack! Die Stärke in den Oblaten ist durch das Backen bereits aufgeschlossen, so ist es eine Energiebombe, die aber problemlos verdaut wird. Der Rest des Futters sind Weizenschrot und Gerstenschrot.

Das Eber-Projekt

Ehrlich gesagt hatte ich nicht mal eine Ahnung, dass es eine Ebermast gibt. Aber als ich Steffan Löhle gegoogelt habe im Vorfeld, kam er dazu in einem Artikel vor und daher war ich neugierig, was es damit auf sich hat. Und tatsächlich habe ich hier viel gelernt und erfahren und das möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten: also hier die Fakten!

Betäubungs-Problematik

Zunächst mal die Basics: ein Eber ist das unkastrierte männliche Schwein. Die meisten Betriebe mästen kastrierte Tiere, diese Kastration erfolgt bereits sehr früh und in der Regel ohne Betäubung. Ab 2019 ist dies nun gesetzlich verboten, viele Landwirte gehen wegen der Kosten für den Tierarzt auf die Barrikaden und möchten die Erlaubnis von Medikamenten erwirken, die sie selbst einsetzen können. Ein dritter Weg ist die Mast von Ebern und dazu hat der Schlachthof Ulm bereits 2009 ein Projekt gestartet. Ein Jahr später suchte man Landwirte, die mitmachen wollen und seit 2011 ist Der Löhle-Hof dabei. Statt 50% weiblicher Tiere und 50% kastrierter männlicher Schweine hat man nun was die männlichen betrifft nur noch Eber.

Ist die Eber-Mast schwieriger?

„Man nahm an, die unkastrierten Tiere wären in der Gruppe aggressiver, dazu die Befürchtung, das Fleisch würde zu stark riechen und sich nicht vermarkten lassen“, sagt Herr Löhle. Tatsächlich hat es sich für ihn nicht bestätigt. Vermehrte Aggression ist eher eine Ausnahme und das Fleisch wird strengstens geprüft. Hier wird von jedem geschlachteten Tier eine Speckprobe genommen, diese wird im Labor erhitzt. Riecht sie, wird das Fleisch aussortiert und geht je nach Geruch entweder ins Ausland, wo man Eberfleisch möchte, in stark gewürzte Wurst oder – wenn der Geruch zu stark ist – ins Tierfutter. „Jedes Tier wird genau untersucht“, erfahre ich, „sonst könnte man es gar nicht vermarkten“. Um die Ausschüttung von Hormonen so gering wie möglich zu halten, werden Eber auch am Abend geschlachtet, wenn sie sich in der Ruhephase befinden.  Für Stefan Löhle funktioniert diese Haltungsform gut, die keinen Eingriff in das Tier erfordert.  „Aber jeder macht hier seine eigenen Erfahrungen, da möchte ich nicht pauschalisieren“, sagt der Landwirt.

Mein Fazit

Die Familie ist aufgeschlossen, offen und zeigt den Hof nicht nur uns, sondern auch Schulklassen. „Wir haben nichts zu verbergen“, sagen sie. „Viele denken, bei den Bauern passiert abseits der Orte irgendwo im Verborgenen Verbotenes, dagegen versuchen wir zu agieren. 2,5 Generationen helfen hier mit. Ich denke, das ist auch die Nachhaltigkeit an den bayerischen Familienbetreiben, dass eine Generation den Betrieb im besseren Zustand an die folgende Generationen weitergeben will.“  Das bedeutet auch selbst angebautes gentechnikfreies Futter, für alles andere möglichst kurze Wege.  

Wäre Bio eine Alternative? Nachdem 2011 groß investiert wurde, ist es kein Thema, auch weil immer mehr Discounter in den Biomarkt drängen und die Preise kaputt machen. Der Verbraucher, der bisher sein Fleisch dort geholt hat, wird jetzt sein Biofleisch ebenso dort holen, da kann man mit den Preisen und Margen nicht mithalten. Wer die Möglichkeit hat, einen stadtnahen Hofladen zu betreiben oder Gastronomie hat, der tut sich leichter. Vielleicht seine Kinder mal, davon gibt es drei und so kann gehofft werden, dass einer weitermacht.

Die Realität

Ich habe mir die Zustände viel schlimmer vorgestellt, das ist mein primärer Eindruck. Was die Bullen betrifft, ist es die Norm, wie ich sie auch von den Höfen bei uns in der Gegend kenne. In einem Schweinemastbetrieb war ich vorher noch nie. Mein objektiver Eindruck ist, die Tiere haben gute Luft, alles ist sauber und sie sehen aufgeweckten und neugierig aus. Die Familie kümmert sich um jedes einzelne Tier, das habe ich auch bei den Kindern gemerkt. Man wacht über die Ställe und jede Veränderung wird sofort wahrgenommen und gelöst. Das passiert gerade während der Fütterungszeiten bei den Bullen, kommt ein Tier nicht, wenn es Heu gibt, wird es sich genau angesehen. Auch bei den Schweinen wird ständig kontrolliert. „Sie sehen einem direkt in die Augen, wenn alles ok ist“, sagt Sybille Löhle. „Ist es nicht der Fall, kann es sein, dass etwas nicht stimmt, denn ein krankes Tier sucht nicht den Kontakt“.  Dafür ist man rund um die Uhr da und verzichtet auf gemeinsame Urlaube und viel an Freizeit. Nachdem ein langjähriger Helfer den Hof verlassen hat, stemmen sie zu dritt (auch der Opa hilft noch mit) alle Arbeit alleine. Trotzdem wünschte man sich die Tiere spontan draußen und mit viel mehr Platz.

Kehre wie schon gesagt vor deiner eigenen Tür zuerst!

Aber ähnlich wie bei den Hühnern an Tag 1 kann ich nur sagen: der Verbraucher spielt die zentrale Rolle! Nur wir selbst bestimmen mit unserem Kaufverhalten, was letztendlich produziert wird, egal was. Es kommt Fleisch aus dem Ausland, es wird zusammengeklebt, gefärbt und was man am Ende oft hat, hat mit dem, was man sich vorstellt, nichts mehr zu tun. Gekauft wird es trotzdem. Aber solange der Verbraucher Schnitzel für 1,99 das Kilo in den Wagen legt, täglich Fleisch möchte und kein Geld dafür in die Hand nimmt, sehen die Dinge eben so aus, wie sie aussehen. Ebenso das Lebensmotto „Ein bisschen Bio, ein bisschen (Seelen-) Frieden“ finde ich seltsam: das Biowürschtel daheim und das Schnitzel im Biergarten? Und ich weiß, Biofleisch ist unglaublich teuer und nicht jeder kann es sich leisten. Meine Lösung ist ja nach wie vor: beschäftigt euch mit dem, was ihr konsumiert, es kann doch nicht sein, dass ich die technischen Daten von sämtlichen Smartphones parat habe, aber was auf meinem Teller liegt, ist mir egal….

Morgen habe ich frei, der Film über meinen heutigen Tag geht aber online!

Die bisher gedrehten Filme findest du auf der Homepage www.unsere-Bauern.de und auf der Facebookseite von „Unsere Bayerischen Bauern e.V.“.

Freitag geht es dann zum Abschluss der Tour auf einen Gemüsehof! Bis dann, Petra ♥

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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