Letzte Woche wurde ich ein Jahr älter.
An sich nicht Schlimmes, nur muss ich zugeben, dass es für mich jenseits der 40 nicht wirklich ein Anlass ist, in Freude und Jubel auszubrechen.
Bevor man die letzte Kerze auf der Torte angezündet hat, ist die erste schon wieder abgebrannt, bläst man sie alle gleichzeitig aus, gehen die Rauchmeder an….
„Liebe“ Freunde schicken einem nette Karten, vorzugsweise mit Widmungen wie „Jedes Jahr verschwinden Tausende von Senioren, weil sie versehentlich „ALT“ und „Entf“ gleichzeitig drücken, also meine Liebe, ab sofort Vorsicht im Internet…..“
Was ist da besser, als sich die neue Zahl mit einem großartigen Abend zu versüßen!!!!
Und diesen Geburtstag werde ich für immer in Erinnerung behalten, denn ein lang gehegter Wunsch wurde mir erfüllt, ein Essen bei Harald Wohlfahrt in der Schwarzwaldstube.
Wer sich jetzt denkt, Sterneküche interessiert mich nicht, alles überteuerter Schnickschnack, Firlefanz & Show, für den ist JETZT der richtige Zeitpunkt, sich ein Buch zu holen oder die Fernbedienung, oder sich zu den Rezepten hier zu klicken (heute gab es niedliche grüne Matcha-Gugl!)…..
Alle anderen sollten sich noch ein Getränk holen und es sich gemütlich machen, denn es war ein langer Abend!!!!!!
So sieht der Tempel des Genusses von außen aus, sehr zurückhaltend und ländlich, wie es sich für die Gegend gehört, wir sind ja im Schwarzwald.
Da wir gegenüber im Hotel wohnten, mussten wir nur über die Straße, was sehr angenehm war, vor allem nach dem Essen….
Bereits vor der Tür wurden wir sehr freundlich empfangen und zu unserem Tisch gebracht. Schon hier merkte man, dass es hier entspannt und locker zugeht, keine Spur von steif und überkandidelt, wir haben schon gelacht, bevor wir saßen.
Die Schwarzwaldstube selbst hat Platz für 35 Personen und es waren auch pünktlich um 19:00 Uhr alle Plätze besetzt.
Das Ambiente ist rustikal, Bilder gibt es auf der Homepage www.traube-tonbach.de – ich habe keine Fotos gemacht.
Die Einrichtung passt in meinen Augen dorthin, die Stühle sind vom Design her sagen wir mal speziell, aber unglaublich bequem (nicht ganz unwichtig, wir saßen über 5 Stunden…), die Beleuchtung schön, auch die Tischdekoration, alles sehr stimmig und da es draußen regnete und dunkel wurde, war die Stimmung im Restaurant um so schöner.
Als wir saßen wurden wir noch einmal begrüßt, unsere Freunde waren bereits öfter dort, das wußte man, es wird hier also Buch geführt, finde ich sehr aufmerksam.
Vorneweg wurden Wasser und Brot gebracht, man wählt aus 4 Sorten, dazu gesalzene oder ungesalzene Butter, gereicht auf Schiefer.
Dann kamen die Menükarten, sehr klassisch gibt es hier Damenkarten ohne Preise – sowas sieht man nur noch selten.
Es war klar, dass wir Menü essen, es gibt das kleine und das große Degustations-Menü, ein vegetarisches und natürlich auch alles einzeln à la carte.
Wir wählten dreimal das kleine Menü und einmal das vegetarische.
Außer im vegetarischen Menü haben wir Gänge verändert und ausgetauscht, das war überhaupt kein Problem, ohne auch nur einen Buchstaben aufzuschreiben, wurden alle Änderungen besprochen und kamen auch genau wie bestellt bei uns an, was ich bei 4 Personen noch im Rahmen des Machbaren finde, aber am Nebentisch bei 8 Gästen schon eine Herausforderung, lief aber genauso.
Dann lernten wir Stéphan Gass kennen, der seit vielen Jahren Sommelier in der Traube Tonbach ist und der uns durch den Abend begleitete.
Kompetent, charmant, lustig, gutaussehend….dazu ein kleiner französischer Akzent (er kommt aus dem Elsass)…er ist wunderbar.
Wir haben so viel gelernt an diesem Abend und so viel gelacht mit ihm, sollte er hier mitlesen, DANKE nochmal!!!!!!!!!!
Nun begann der tatsächliche Zauber, der (erste) Gruß aus der Küche!
Leider habe ich diesen Gang nicht fotografiert, da ich mich ganz ehrlich noch nicht getraut habe….
Es waren 3 Löffel, die sich von der Größe und dem Geschmack steigerten, zunächst unheimlich intensive Tomatenwürfel, dann marinierter Kürbis und zum Schluss eine Art Wok-Gemüse, genau richtig, um die Geschmacksnerven aufzuwecken.
Es folgte der zweite Gruß aus der Küche, ein gläserner Vierer-Teller mit Variationen vom Saibling.
In der kleinen Kugel auf der Terrine ist flüssiges Eigelb….
Das alles gab es sozusagen VOR dem Essen! Und jeder einzelne Bissen war köstlich, vor allem der Fisch im Algenblatt, angerichtet auf Bulgur mit krossen Apfel-Streifen, toll!
Dann kam meine Vorspeise, nein dann kam zuerst Herr Finkbeiner, der Inhaber der Traube Tonbach und begrüßte jeden Gast persönlich, man kümmert sich hier eben.
DANN kam die Vorspeise!
„Terrine von gebratener und marinierter Entenleber mit Kalbsbries in Jurancongelee (Jurancon ist ein Weißwein), Artischocken und Pinienkernmarinade“
Was soll ich sagen, jeder Bissen war ein Ereignis für sich, die Terrine göttlich, Geschmack, Textur und Optik ein Traum, das Gelee exakt darauf abgestimmt, die Artischocken wunderbar!
Mein Mann hatte den „Getrüffelten Raviolo von Sankt-Jakobsmuscheln mit karamellisiertem Frühlingslauch in leichtem Trüffelsud“,
das sah dann so aus und natürlich habe ich probiert! Großartig!
Es folgte der Fischgang und da ich mich vorher informiert habe und es überall hieß, man muss bei Harald Wohlfahrt Hummer essen, war ich doch sehr froh, dass er im Menü dabei war!
„Bretonischer Hummer in Krustentier-Butter sanft gegart auf Corail-Risotto mit Tintenfischen, grünen Spargelspitzen und Krustentier-Jus“
Natürlich gibt es bei uns nicht andauernd Hummer, aber ich habe schon genug Hummer verspeist, um sagen zu können, dieser hier war phantastisch!
Und da er so großartig war, gibt es gleich 2 Fotos!
Dann kam mein Fleischgericht, ich habe mich für „Tournedos vom pommerschen Rinderfilet mit Olivenkruste und geschwenkten Steinpilzen mit Barolojus“ entschieden.
Dazu gab es einen kleinen Kartoffelring.
Das Filet war der Wahnsinn! So zart und rosa und zwar jeder Millimeter zart und rosa, so ein gleichmäßig und wunderbar gebratenes Filet hatte ich noch NIE und ich esse es wirklich oft. Die Pilze aromatisch, der Barolo-Jus köstlich, ich merke gerade, es gehen mir die Adjektive aus, und wir sind noch nicht mal beim Dessert!
Dies war dann der Moment, an dem ich froh war, den ganzen Tag kaum gegessen zu haben, denn kurz nach den zwei Hauptgerichten kam auch schon der Käse in seinem Wagen angerollt….dazu wurden wieder 4 verschiedene neue Brotsorten gereicht. Die Auswahl an Käse war riesig, wir wurden ausführlich beraten und konnten selbst aussuchen, oder es dem Kellner überlassen.
So sah mein Teller aus:
Was nun folgte, mag ich von der Optik her am liebsten und ich wurde nicht enttäuscht, denn was uns gebracht wurde, war traumhaft!
Da jeder ein anderes Dessert gewählt hatte, kann ich Euch alle 4 zeigen:
Ich hatte „Baba mit Zimtblüten aromatisiert, Eiskrem von Cannelés de Bordeaux und Mirabellencoulis mit Mandelmilch“
Und hier die anderen Desserts:
„Lauwarmer Schokoladen-Fondant, Bonbon von Schwarzwälder Himbeergeist und Sauerrahm-Eis“
Auf dem Schoko-Küchlein lag eine hauchdünne runde Scheibe Schokolade, diese wurde am Tisch mit einem heißen Himbeer-Sud übergossen, sodass sie in das Küchlein schmolz….
Optisch der Sieger des Abends war aber sicher das hier:
„Himbeer-Millefeuille mit Zitronenthymian-Mousse und Pfirsich-Lavendelhonig-Sorbet“ – zu schön zum Essen!
Die „Delle“ in der Mousse kommt daher, dass ich meiner Freundin den Teller weggerissen habe, als sie schon mit dem Löffeln anfing….es sind eben noch nicht alle in meinem Umfeld daran gewöhnt nichts anzurühren, bis ich das ok gebe 🙂 🙂
Hier die Schoko-Variationen aus dem Veggie-Menü:
An sich würde man jetzt einen Espresso trinken oder schon getrunken haben, vielleicht einen Grappa dazu, und würde sich so langsam an die Hotelbar begeben, nicht hier!
In der Schwarzwaldstube heißt es:
Nach dem Dessert ist vor dem Dessert!
Denn es folgte nun das im Menü harmlos angekündigte „Feingebäck“ – nach all dem, was man schon gegessen hatte, vermutet man einen Keks. Ok, einen Sterne-Keks. Vielleicht 3-Sterne-Keks…
Vorher jedoch war es endlich soweit und wir konnten Herrn Wohlfahrt kennen lernen, der auf eine sehr freundliche und zurückhaltende Art seine Gäste begrüßte.
Das was nach ihm kam sah dann so aus:
Eine himmlische Mousse – ich glaube es war Karamell oder Krokant auf Zwetschgen.
Zu diesem Zeitpunkt war ich kulinarisch leider kaum noch aufnahmefähig.
……und noch etwas für den Heimweg!
Ein Schwarzwald-Macaron, in einem Puppen-Porzellan-Förmchen angerichtete Panna Cotta, ein kleiner Brownie…..ein weiterer Mini-Macaron, dieser eher fruchtig!
Es war halb 1 und der wunderbare Abend zu Ende – auf dieser Seite der Straße zumindest….die Hotelbar war sehr gut gefüllt!
Meine Zusammenfassung dieses Abends:
Es war nicht mein erster Besuch in einem Sternerestaurant, was hier in der Schwarzwaldstube neben dem grandiosen mit größter Handwerkskunst zubereiteten Essen unvergesslich bleibt und wirklich betont werden muss ist der junge, spitzenmäßige, reibungslos funktionierende, gutgelaunte und lockere Service, ich habe auf diesem Niveau sowas noch nicht erlebt.
Bei Herrn Gass habe ich mich schon bedankt, also hier noch ein großes DANKE an all die Abkrümler 🙂 , die uns bestens versorgt und unterhalten haben, ohne auch nur eine Sekunde zu stören!!!!!!!
Das größte Danke natürlich meinem Mann, der sich geistesgegenwärtig bereits im April um eine Reservierung gekümmert hat (sollte man auch dringend machen, gerade für ein Wochenende), danke an unsere Freunde für den Spaß den wir schon auf der Fahrt und am Abend hatten – wie besprochen, das machen wir jetzt jedes Jahr!
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Comments 4
Liebe Holla die Kochfee,
ganz herzlichen Dank auch auf diesem Wege für den wunderbaren Bericht und die tolle Beschreibung Ihres Besuches in unserer Schwarzwaldstube. Selbstverständlich geben wir das große Lob an das ganze Team weiter.
Wir freuen uns sehr, Sie mit Ihrem Mann und Ihren Freunden wieder einmal bei uns begrüßen und verwöhnen zu dürfen.
Beste Grüße aus der Traube Tonbach
Familie Finkbeiner mit Team
Author
Vielen Dank, auch für die nette Mail, wir kommen sicher wieder!
Grüße aus Nürnberg,
Petra
Caramba. Ein sehr schöner Bericht.
Auch wir waren kürzlich dort und hatten ein ähnliches Menü.
Nur ein paar kleine Änderungen.
Allerdings werde ich es erst in den nächsten Tagen auf meine Homepage einstellen können.
Auf meiner Facebookseite gibt es schon einen winzigen Einblick.
Es würde mich freuen, wenn Sie einmal vorbeischauen würden.
Mit kulinarischen Grüßen
B. Steinmann
Author
Hallo Herr Steinmann,
bin gespannt, wie Sie den Abend empfanden – Ihrer Einschätzung der Küche von Alexander Herrmann kann ich mich zu 100% anschließen, ich hatte nicht nur in seinem Restaurant, sondern auch in seiner Küche viel Spaß.